Im Jahr 2008 sang die amerikanische Band Vampire Weekend: „Wer schert sich schon um ein Oxford-Komma?“[1] Die Antwort: Viele! Die britische Autorin und Journalistin Lynne Truss drückt es in ihrem Buch Eats, Shoots & Leaves so aus: „Es gibt Leute, die das Oxfordkomma befürworten, und Leute, die das nicht tun, und ich sag nur eines: Geraten Sie niemals zwischen diese Leute, wenn getrunken wurde.“[2]
In 2020 rief der britische Autor Philip Pullman zum Boykott der neuen 50-Pence-Münze auf, weil bei dem eingeprägten Slogan „Peace, prosperity and friendship with all nations“ das Oxford-Komma nach dem Wort „prosperity“ fehlt.[3] Was hat es mit diesem vermeintlich harmlosen Satzzeichen auf sich, das die englischsprachige Welt so spaltet?
Historische Hintergründe
Wer genau für die Einführung des Oxford-Kommas – im Englischen u. a. auch als „serial comma“ oder „Harvard comma“ bekannt – verantwortlich ist, ist schwierig nachzuweisen. Unter anderem wird der englische Drucker und Anglist John Wilson genannt, der 1850 in seinem Buch A Treatise On English Punctuation die Verwendung des Kommas erklärte. Ebenso wird der Name des englischen Autors und Linguisten Horace Hart erwähnt. Er war als Drucker für die Oxford University Press tätig und verfasste 1893 das Handbuch des Universitätsverlags, das u. a. die Regeln zu dem Komma beinhaltete. Dieses Handbuch wurde über die Jahre mehrfach überarbeitet und neu veröffentlicht und ist heute unter dem Namen New Hart’s Rules – The Oxford Style Guide bekannt. Der Ausdruck „Oxford comma“ taucht aber erst im Jahr 1978 auf, und zwar in Peter H. Sutcliffs Buch The Oxford University Press: An Informal History. Sutcliffs Meinung nach ist der „wahre Erfinder“ des Oxford-Kommas F. Howard Collins. Collins habe in seinem Wörterbuch (The Authors’ and Printers’ Dictionary, 1905) bei den Einträgen für „and“ und „or“ auf die Verwendung des Kommas vor beiden Konjunktionen hingewiesen.
Die Anwendung
Das Oxford-Komma wird in Aufzählungen vor dem letzten Element und vor den Konjunktionen „and“ oder „or“ gesetzt:
- I like apples, bananas, and oranges.
- I want no ifs, ands, or buts.
- In her free time, she enjoys reading, gardening, and painting.
Das Hauptargument für die Anhänger des Oxford-Kommas ist, dass dadurch Missverständnisse vermieden werden. Wenn man sich die Beispiele oben ansieht, fragt man sich, was man dort großartig falsch verstehen könnte. Das fragen sich die Gegner des Oxford-Kommas auch, denn für sie ist das Komma überflüssig und Sätze werden unnötig überladen, vor allem wenn Aufzählungen wie oben klar verständlich sind.
Wie sieht es aber in den folgenden Sätzen aus?
- I thanked my parents, Oprah Winfrey and John Lennon.
- Josh plays with his siblings, Jess and Noel.
- She likes cookies, hot milk and chocolate.
Für die Gegner des Oxford-Kommas ist im ersten Beispiel der Fall immer noch klar: Hier werden drei „Einheiten“ angesprochen: Eltern + Oprah Winfrey + John Lennon. Anhänger des Oxford-Kommas sehen das allerdings anders: Ohne das Komma hinter „Oprah Winfrey“ könnte impliziert werden, dass Oprah Winfrey und John Lennon die Eltern der sich bedankenden Person sind.
Das zweite Beispiel ist ohne Oxford-Komma um einiges missverständlicher: Mit wie vielen Personen spielt Josh hier? Sind Jess und Noel seine Geschwister oder nicht? Um zu verdeutlichen, dass Jess und Noel nicht Joshs Geschwister sind und er mit mindestens 4 Personen spielt, müsste ein Komma hinter „Jess“ eingefügt werden: „Josh plays with his siblings, Jess, and Noel.“
Bei Beispiel 3 führt das vorangestellte Attribut „hot“ zu Verwirrung: Mag sie nun Kekse, heiße Milch und heiße Schokolade, also Kakao? Oder Kekse, heiße Milch und (Tafel-)Schokolade? Mit dem Oxford-Komma kann klargestellt werden, dass die beiden letzten Aufzählungselemente („milk“ und „chocolate“) kein gemeinsames Attribut haben: „She likes cookies, hot milk, and chocolate.“
Fehlendes Komma, rechtliches Drama – das 5-Millionen-Dollar-Komma
Dass ein fehlendes Oxford-Komma rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann, hat das Molkereiunternehmen Oakhurst Dairy am eigenen Leib erfahren: In dem Lohngesetz des Bundesstaates Maine sind Tätigkeiten festgehalten, die bei Überstunden nicht vergütet werden:
The overtime provision of this section does not apply to:
The canning, processing, preserving, freezing, drying, marketing, storing, packing for shipment or distribution of:
 
(1) Agricultural produce; 
(2) Meat and fish products; and 
(3) Perishable foods. 
Die Überstundenregelung dieses Abschnitts gilt nicht für:
Das Eindosen, Verarbeiten, Konservieren, Einfrieren, Trocknen, Vermarkten, Lagern, Verpacken für den Versand oder die Verteilung von:
 
(1) landwirtschaftlich erzeugtem Obst und Gemüse, 
(2) Fleisch- und Fischprodukten und 
(3) verderblichen Lebensmitteln.
Eine Gruppe von LKW-Fahrern der Firma hatte allerdings vor Gericht auf die Bezahlung der Überstunden geklagt. Ihr Argument: Wegen des fehlenden Kommas nach „packing for shipment“ beziehe sich der Gesetzestext nur auf eine einzige Tätigkeit, und zwar auf „das Verpacken“ (packing) zum Zweck des Versands oder der Verteilung, und nicht auf zwei getrennte Tätigkeiten („das Verpacken“ (packing) und „das Verteilen“ (distribution). Da die Fahrer die Waren nicht verpackten, sondern nur verteilten, stehe ihnen die Vergütung der Überstunden zu. Die Tatsache, dass „distribution“ als Nomen und nicht wie alle anderen Tätigkeiten im Gerundium steht, verwirre auch noch zusätzlich. Nachdem die Klage durch mehrere Instanzen ging, stimmte schließlich ein Richter zu und so musste Oakhurst Dairy 5 Millionen Dollar an seine Fahrer zahlen. Das Gesetz wurde inzwischen überarbeitet – die einzelnen Tätigkeiten wurden zur Verdeutlichung nun durch Semikolons statt Kommas abgetrennt und auch nach „packing for shipment“ steht nun eins.[4]
Wenn der Ruhestifter plötzlich Unruhe stiftet
Geschichten wie die von Oakhurst sind für Anhänger des Oxford-Kommas natürlich ein gefundenes Fressen und bestätigen die Annahme, dass es ganz ohne Komma nur zu Missverständnissen kommen kann. Aber was ist, wenn das Oxford-Komma plötzlich für mehr Verwirrung als Klarheit sorgt?
- They went to Oregon with Betty, a maid, and a cook.
Ist Betty eine Hausangestellte, die auch mit nach Oregon gefahren ist? Oder sind Betty + eine Hausangestellte + ein Koch bzw. eine Köchin mitgefahren?
In dem Beispiel ist es schwierig zu unterscheiden, ob das Komma vor „and“ das Substantiv (Betty) näher bestimmt oder ob drei einzelne Elemente gemeint sind. Interessanterweise hilft hier das Weglassen des Kommas nicht weiter, denn der Satz bleibt immer noch mehrdeutig. In solchen Fällen empfiehlt es sich, Sätze umzuschreiben, und je nachdem, wie viele Personen mit nach Oregon gefahren sind, ergeben sich z. B. folgende Sätze:
- They went to Oregon with Betty, who was a maid and a cook. → Nur 1 Person ist mitgefahren.
- They went to Oregon with a cook and Betty, a maid. → 2 Personen sind mitgefahren.
- They went to Oregon with Betty, as well as a maid and a cook. → 3 Personen sind mitgefahren.
Für all diejenigen, die Gefallen an dem Oxford-Komma gefunden haben und es doch im Beispielsatz haben wollen: „They went to Oregon with a maid, a cook, and Betty.“
Hier könnte man das Oxford-Komma auch tilgen, falls man sich dem Team „Anti-Oxford-Komma“ anschließt. 😉
Um zusammengehörige Elemente wie z. B. Gerichte als solche kenntlich zu machen, sollte das Oxford-Komma weggelassen werden:
- My usual breakfast is coffee, bacon and eggs, and toast.
- We had coffee, cheese and crackers, and grapes.
- Lia ordered three smoothies: strawberry, peach and mango, and pineapple.
Bei einem sind sich beide Lager einig: Vor das kaufmännische Et-Zeichen, z. B. bei Firmennamen, wird kein Oxford-Komma gesetzt: „Wachtell, Lipton, Rosen & Katz“.
Team „Oxford-Komma“ oder „Anti-Oxford-Komma“? Kleine Entscheidungshilfe
Auch wenn nun geklärt ist, wann man das Oxford-Komma theoretisch einsetzt, bleibt immer noch die Frage, ob man es verwenden möchte. Wenn es Vorgaben in Form eines Styleguides gibt, erledigt sich die Frage von selbst, aber wenn es keine gibt, was dann?
- Gewünschte Zielgruppe
Deutsche Leser*innen wird es höchstwahrscheinlich nicht besonders stören, wenn das Oxford-Komma weggelassen oder eingefügt wird. In der englischsprachigen Welt sieht es natürlich anders aus: In Großbritannien wird das Komma mehrheitlich nicht verwendet. In akademischen oder formellen Texten kann es durchaus noch vorkommen, aber sogar die namensgebende Universität Oxford schreibt es nicht mehr fest vor. Im Allgemeinen gilt jedoch: In Fällen, wo es zu Unklarheiten oder Missverständnissen kommen könnte, sollte ein Oxford-Komma eingefügt werden. In Kanada, Australien und Neuseeland wird das auch so gehandhabt.
In den USA ist es allerdings umgekehrt, denn dort wird das Oxford-Komma von sehr vielen Styleguides, wie z. B. dem Chicago Manual of Style, dem MLA Handbook oder in den Vorgaben der United States Government Publishing Office (Regierungsdruckerei), fest vorgeschrieben. Wer hier keine Oxford-Kommas verwendet, gehört eher zur Minderheit und fällt sofort auf.
- Konsistenz ist der Schlüssel
Wie in anderen Bereichen ist es auch beim Schreiben wichtig, dass z. B. Fachbegriffe innerhalb eines Textes konsistent verwendet werden und nicht durcheinandergeraten. Wenn man an das Beispiel von Oakhurst Dairy zurückdenkt, dann hätte das Unternehmen viel Geld gespart, wenn in dem Gesetz des Bundesstaates Maine durchgängig das Oxford-Komma verwendet worden wäre. Daher gilt: Wenn man einmal damit angefangen hat, dann sollte man es bis zum (bitteren) Ende durchziehen. 😉
- Verwendung nur bei eindeutiger Unklarheit
Falls man doch nicht durchgehend das Oxford-Komma verwenden möchte, sollte man sich am besten darauf beschränken, es in unklaren oder mehrdeutigen Sätzen zu verwenden:
- On my bedroom wall I have a picture of my parents, Wonder Woman, and Superman.
(Ohne Oxford-Komma hätte die Person nur ein Bild von ihren Superhelden-Eltern.)
- Im Zweifelsfall besser umformulieren …
Um Missverständnisse zu vermeiden, ist die beste Lösung, Sätze so zu formulieren, dass sie auch ohne Oxford-Komma verständlich sind.
- … oder wenden Sie sich einfach an uns!
Wir arbeiten mit verschiedenen englischsprachigen Muttersprachler*innen zusammen, die Ihnen gerne im Zweifelsfall mitteilen, ob in Ihrem britischen, amerikanischen oder australischen Text das Oxford-Komma fehlt oder nicht.
Quellen
https://de.wikipedia.org/wiki/Serielles_Komma 
https://en.wikipedia.org/wiki/Serial_comma 
https://www.chicagomanualofstyle.org/book/ed18/part2/ch06/psec019.html
Fußnoten
[1] https://youtu.be/P_i1xk07o4g?si=1rTJBabPSxq1u5v1
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Serielles_Komma
[3] https://www.bbc.com/news/entertainment-arts-51269012
[4] https://legislature.maine.gov/statutes/26/title26sec664.html
Foto: Erik Mclean auf Unsplash
 
			